Prokurator (Salzburg)

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a) Bestellung und Befugnisse

Da die Parteien den Anforderungen des kanonischen Rechtes und des Gerichtsverfahrens oft nicht gewachsen waren, - die Leute konnten meist weder lesen noch schreiben - bürgerten sich, vom Recht begünstigt, Prozeßstellvertreter oder Prozeßbevollmächtigte, die sogenannten Proluratoren ein. Der Vorteil für die Parteien bestand darin, daß diese Prokuratoren als juristisch gebildete Personen sowohl mit dem formellen Recht als auch mit der lateinischen Sprache vertraut waren. Wenn auch kein Zwang für die Parteien bestand, sich durch einen Prokurator im Konsistorium vertreten zu lassen, wurde doch diese Möglichkeit immer mehr in Anspruch genommen, sodaß es allmählich zu Selbstverständlichkeit wurde, sich in einem Gerichtsverfahren vertreten zu lassen. Wie den Gerichtsakten und Konsistorialprotokollen des Salzburger Offizialates zu entnehmen ist, mußten die Parteien ihren Prozeßstellvertreter aus einer zahl von fest angestellten Prokuratoren, "causarum consistorii procuratores generales" genannt, wählen. Die von den Parteien namhaft gemachten Prozeßstellvertreter wurden dann durch ein vom Notar des Konsistoriums ausgefertigtes "Instrumentum constitucionis procuratoris", auch nur "procuratorium" genannt, vor dem Offizial oder dessen Kommissar von den Parteien ermächtigt. Sie mußten sich dann mit diesem Dokument als "legittimi procuratores" ausweisen. Die vertretung der Parteien bezog sich auf alle Prozeßhandlungen. Ein von einer Partei ermächtigter Prokurator konnte demnach Klage erheben, verteidigen, Einreden geltend machen, die litis contestatio durchführen, den Kalumnieneid, den Wahrheitseid und andere Eide leisten, auf die gestellten Interrogatorien antworten, Prokuratoren der Gegenpartei ablehnen, Beweisstücke und Zeugen einbringen oder zurückweisen, zwischen- und Endurteile anhören, appellieren, die eingelegte Berufung verfolgen, einen oder mehrere weitere Prokuratoren mit Einverständnis seines Mandanten einsetzen und sie auch wieder nach belieben zurückziehen.

b) Namenstafel

Eine große Zahl von Prokuratoren des Konsistoriums ist aus den vorhandenen Quellen nachweisbar. Die ersten genannten Prokuratoren des Konsistoriums sind Bernhardus Ranner und Johannes Lanacher: Am 13. Februar 1412 werden sie in einer Urkunde als Zeugen genannt. Für das Jahr 1432 ist Magister Eberhardus Ubelin als "Procurator Consistorii Salczburgensis" bezeugt; dazu werden noch als Generalprokuratoren in diesem Jahr genannt die Magistri Reinhard von Beucharn, Jakob Ebser, David Heiminger und Conrad Smausser. Die nächsten feststellbaren Prokuratoren sind Johann Kirchmair, Georg Gaisler und Johann von Hersfeld; alle drei waren "in decretis licenciati" und bezeichnen sich in einer Urkunde vom 3. Oktober 1449 als "causarum consistorii Curie Salczburgensis procuratores". Aus den Fünfziger Jahren des 15. Jahrhunderts ist Magister Caspar Westendorffer als Generalprokurator des Konsistoriums zu Salzburg bezeugt. In der Amtszeit des Offizials Hadmar von Laber waren georg Sunchinger, der spätere Generalkommissar des Konsistoriums, dazu Johann Swalb und der in den Akten häufig genannte Leonhard Angerer als Prokuratoren tätig: 9. September 1474. Im selben Jahr wird auch "Sigismundus Ampetzhamer causarum consistorii curie procurator generalis" urkundlich erwähnt. Zur gleichen Zeit begegnet als solcher Magister Ludwig Weydner, in decretiis liceniatus. Vor ihrer späteren Bestellung zu "commissarii generales" waren auch Johann Hesel und Heinrich Rueger de Pegnitz als Generalprokuratoren im Salzburger Offizialat tätig. Noch vor der Jahrhundertwende übten Magister Ulrich Teinfeldner und Petrus Weingartner, "in decretis licentiati", diese Konsistorialfunktion aus, desgleichen Johann Wagner, der spätere Assessor, und Magister Erhard Weichser. Auch MagisterBerthold Pürstinger, der spätere Chiemseer Bischof, fungierte im letzten Jahrzehnt des 15. Jahrhunderts eine Zeitlang als Generalprokurator des Salzburger Konsistoriums. Um 1500 kam noch Wolfgang Pachaymer, in decretis licenciatus, dazu. Wie die Gerichtsakten und Konsistorialregister des 15. Jahrhunderts zeigen, gab es immer mindestens zwei, ab der zweiten Hälfte des jahrhunderts sogar drei fest angestellte Prozeßstellvertreter, deren Berufsbezeichnung immer "causarum consistorii procuratores generales" war; darüberhinaus wurden andere Prokuratoren von Fall zu Fall zugelassen. Das älteste Konsistorialprotokoll von 1505 führt unter dem Titel "domini procuratores consistorii curie Salczburgensis" fünf Männer als Prozeßstellvertreter an: Magister ErhardusWeichser, Magister Christannus Rorbeckh, Magister Laurencius Weiß, Magister Christannus Dachs und magister Jakobus Mangl. Später kamen Magister Martin Schaller, Paulus Teinstetter, Magister Georg Cetzianus und Bartholomäus Kublau dazu. Für die Jahre 1517 bis 1519 überliefern die Gerichtsprotokolle außer dem bereits genannten Laurencius Weiß die, in decretis licentiati, Magister Johann Pietenberger, Magister Jakob Fuerer, Andreas Pirker, Jodocus Municher und Sebastian Jungwirth, der bis 1540 diese Aufgabe wahrnahm. Um 1540 war ein gewisser Georg Strigl Generalprokurator des Salzburger Konsistoriums. Zu dieser zeit scheinen auch die Notare des Konsistoriums manchmal das Prokuratorenamt ausgeübt zu haben, z.B. Johannes Kalbsor. Die späteren Konsistorialprotokolle nennen noch folgende Namen von Leuten, die als Prokuratoren im Offizialat fungierten: Licentiatus HieronimusFuerer, Doctor Sebastian Carll, Magister JohannesRaminger, Studens Johannes Tantzer, Egidius Kalbsor, Magister Zacheus Han, Licenciatus Albertus Gloss, Heinricus Mitsperger, Doctor Gregor Lendelius, Licentiatus Leonhardus Paumgartner und Johannes Gugganig.

c) Sonderfunktionen

Aus den Urkunden und Akten des Konsistoriums geht hervor, daß die Prokuratoren auch als amtliche Zeugen bei Rechtshandlungen im Offizialat fungierten. Im Konsistorium gab es eine Menge notarieller Geschäfte, deren Erledigung einer Bestätigung durch Zeugen bedurfte. Hier boten sich praktischer Weise die Generalprokuratoren des Konsistoriums an, weil sie ohnedies als Beamte des Offizialats ständig zur Verfügung standen.